Intersektionalität verstehen

EINFÜHRUNG IN DAS THEMA

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein junger schwarzer Mann, der auf der Straße geht. Plötzlich kommen zwei Polizisten auf Sie zu und sagen Ihnen, dass sie Sie durchsuchen müssen, weil Sie möglicherweise Betäubungsmittel dabei haben.

Sie werden von der Polizei ohne berechtigten Grund kontrolliert, nur wegen Ihres Geschlechts, Alters und Ihrer Hautfarbe.

Dies ist ein Beispiel für intersektionale Diskriminierung: Die verschiedenen Elemente, gegen die Sie diskriminiert werden, stehen in Wechselwirkung zueinander und sind daher untrennbar miteinander verbunden.

In diesem Modul lernen Sie das Phänomen der Intersektionalität praktisch und theoretisch kennen. Sie erhalten einen Überblick über Diskriminierungsformen und den Zusammenhang von Intersektionalität mit Bildung sowie der Anerkennung von Identitäten und der Förderung von Vielfalt. Anschließend lernen Sie, wie Sie Intersektionalität mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Tools in Ihren Unterricht integrieren können.

LERNZIELE
Am Ende dieses Moduls wissen Sie mehr über Intersektionalität und haben mehr Kompetenzen im Umgang damit. Das sind die Lernziele:
  • Sie sind mit dem Konzept der Intersektionalität vertraut;
  • Sie kennen die Geschichte des Begriffs und seinen theoretischen Hintergrund;
  • Sie kennen die Aspekte, aufgrund derer Menschen diskriminiert werden;
  • Sie können Mehrfachdiskriminierung erkennen;
  • Sie wissen, wie Intersektionalität mit Bildung zusammenhängt;
  • Sie können einen intersektionalen Ansatz in Ihrer Lehrtätigkeit anwenden;
1. KOMPLEXE IDENTITÄTEN
Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die Lebensrealitäten von Menschen in Europa. Zusätzlich können Sie sich über Erfahrungen und die Darstellung von Menschen aus der LGBTQIA+- Community in den Medien informieren.

Lebensrealitäten
Stellen Sie sich vor, Sie müssen Ihre Ausbildung absolvieren und gleichzeitig die Komplexität des LGBTQIA+-Daseins in einer Welt bewältigen, die nicht immer einladend ist. Es gibt Lernende, für die dies eine tägliche Realität ist.

Lernende in Europa, die sich als LGBTQIA+ identifizieren, sind mit einer Reihe von Lebensrealitäten und Herausforderungen konfrontiert, die je nach Land, Region und spezifischem Bildungskontext sehr unterschiedlich sein können. Als Erwachsenenbildende ist es wichtig, sich dieser Herausforderung bewusst zu sein, um ein inklusives und unterstützendes Lernumfeld zu schaffen.

LGBTQIA+-Personen sind häufig mit subtiler und offener Diskriminierung konfrontiert. Sie haben vielleicht Angst, sich zu outen, und befürchten Ablehnung oder sogar Mobbing durch Gleichaltrige - oder, schlimmer noch, durch Lehrkräfte. In einigen europäischen Regionen genießen sie einen starken rechtlichen Schutz und gesellschaftliche Akzeptanz. In anderen könnten sie auf Feindseligkeit stoßen, was jeden Tag zu einer Gratwanderung macht..

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für LGBTQIA+-Rechte sind in Europa sehr unterschiedlich. Einige Länder wie Schweden, Deutschland und die Niederlande verfügen über einen soliden Rechtsschutz für LGBTQIA+ Personen, einschließlich Antidiskriminierungsgesetzen und der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen. In anderen Ländern, insbesondere in Osteuropa, gibt es restriktivere oder sogar gegen LGBTQIA+ gerichtete Gesetze. Insbesondere die Rechte von trans* und inter* Personen können besonders komplex sein. Der Zugang zu geschlechtsspezifischer Gesundheitsfürsorge, rechtlicher Geschlechtsanerkennung und Schutz vor Diskriminierung kann je nach Land eingeschränkt sein.

Auch die gesellschaftliche Akzeptanz von LGBTQIA+ ist unterschiedlich. In progressiveren Regionen kann es eine starke Unterstützung durch die Community, aktive LGBTQIA+ Organisationen und sichtbare Vorbilder geben. In konservativeren Gegenden hingegen können LGBTQIA+ Lernende mit erheblicher Stigmatisierung, Diskriminierung oder sogar Feindseligkeit konfrontiert sein.

Die psychische Gesundheit ist eine weitere große Herausforderung. Der Druck, die eigene Identität zu verbergen, kann zu Angstzuständen, Depressionen und sogar einer höheren Selbstmordrate führen. Dabei geht es nicht nur um das Gefühl, anders zu sein, sondern auch um den ständigen Stress, sich zu fragen, ob man sicher ist oder akzeptiert wird.

Aber es ist nicht alles schlimm! LGBTQIA+ Lernende bringen Belastbarkeit, Kreativität und ein tiefes Verständnis für Vielfalt mit. LGBTQIA+ Lernende, die sich an unterschiedliche soziale Umgebungen anpassen und manchmal Aspekte ihrer Identität verbergen müssen, sind oft sehr anpassungsfähig und in der Lage, in unterschiedlichen Umgebungen aufzublühen. Vor allem aber in einem Umfeld, in dem sie sich gesehen und unterstützt fühlen.

Ihre Erfahrungen mit Ausgrenzung fördern oft ein tiefes Gefühl der Empathie für andere, die mit Herausforderungen oder Diskriminierung konfrontiert sind. LGBTQIA+ Lernende neigen dazu, Gleichaltrige zu unterstützen und sind oft Fürsprecher für Inklusion und soziale Gerechtigkeit. Sie bringen ein Verständnis für die Komplexität der Identität und für die Achtung von Unterschieden mit. Dieses Bewusstsein kann Diskussionen bereichern und eine inklusivere Lernumgebung fördern.

LGBTQIA+ Lernende bringen vielfältige Erfahrungen in den Unterricht ein, was sie zu einer wertvollen Bereicherung für jede Lernumgebung macht. Als pädagogische Lehrkraft kann das Erkennen und Fördern dieser Stärken dazu beitragen, eine dynamischere, inklusivere und unterstützende Bildungserfahrung für alle zu schaffen.

Biographien
Menschen gehen unterschiedlich mit ihren persönlichen Umständen um: Manche verarbeiten sie alleine, andere sprechen öffentlich darüber. Durch Veröffentlichungen erfahren wir von Einzelschicksalen und Problemen der LGBTQIA+ Community als Ganzes.

Cece McDonald
ist eine schwarze trans* Frau und Aktivistin. McDonald wurde öffentlich bekannt, nachdem sie 2011 von einer Gruppe körperlich angegriffen wurde und sich selbst verteidigte. Dabei kam einer der Angreifer ums Leben. Sie wurde angeklagt und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, wo sie als trans* Frau mit den harten Bedingungen des Strafrechtssystems konfrontiert war.

McDonalds Erfahrungen verdeutlichen die systematische Diskriminierung und Gewalt, der trans* Personen, insbesondere trans* Frauen of Color, ausgesetzt sind. Während ihrer Inhaftierung wurde sie zu einer lautstarken Verfechterin von trans* Rechten und der Bewegung zur Abschaffung von Gefängnissen. Nach ihrer Entlassung im Jahr 2014 setzte McDonald ihren Aktivismus fort und arbeitete daran, das Bewusstsein für die Zusammenhänge von Rassismus, Geschlecht und dem Strafrechtssystem zu schärfen. Sie hat viel über ihre Erfahrungen gesprochen und sich für politische Veränderungen und eine bessere Unterstützung für ausgegrenzte Communities eingesetzt.

Ihr Leben spiegelt die Kämpfe wider, mit denen viele trans* Menschen konfrontiert sind: darunter Gewalt, rechtliche Ungerechtigkeiten und der Kampf um Anerkennung und gleiche Rechte. Trotz dieser Herausforderungen hat McDonald ihre persönlichen Erfahrungen in eine kraftvolle Plattform für Veränderungen verwandelt und viele Menschen innerhalb und außerhalb der LGBTQIA+- Community inspiriert. McDonald hat ihre Erfahrungen genutzt, um andere durch öffentliche Reden, Interviews und Schreiben aufzuklären.

Felix Jaehn
ist ein deutscher DJ, Musikproduzent und Remixer, bekannt für tropical House Musik und internationale Hits wie „Cheerleader“ (ein Remix des Songs von OMI) und „Ain't Nobody (Loves Me Better)“ mit Jasmine Thompson. Geboren am 28. August 1994 in Hamburg, entwickelte Jaehn schon früh eine Leidenschaft für Musik: Jaehn begann in jungen Jahren Geige zu spielen, wechselte später zu elektronischer Musik und machte sich schnell einen Namen in der globalen Musikszene.

Im Februar 2018 outete sich Felix Jaehn in einem Interview mit der deutschen Zeitung Die Zeit öffentlich als bisexuell: Jaehn beschrieb das Ringen mit der eigenen sexuellen Identität während der Teenagerzeit und im frühen Erwachsenenalter. Der Druck, sich als Teenager den gesellschaftlichen Normen in Bezug auf Beziehungen und Sexualität anzupassen, führte zu inneren Konflikten. Vor dem öffentlichen Coming-out nahm sich Jaehn Zeit, seine Sexualität zu erforschen und zu verstehen, und setzte sich mit sich selbst in einer Therapie auseinander. Als öffentliche Person spürte Jaehn die Erwartungen seiner Fans und der Musikindustrie, die oft bestimmte Stereotypen über Männlichkeit und Sexualität propagierten. Das erschwerte den Weg zur Selbstakzeptanz. Mit dem Coming-out sollten diese Stereotypen in Frage gestellt und andere dazu ermutigt werden. Seitdem spricht Jaehn über die Erleichterung und das Glück, offen und authentisch leben zu können, und hebt die positiven Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hervor: Durch den offenen Umgang mit der eigenen Sexualität fühlt Jaehn sich stärker mit der Musik und dem Publikum verbunden. Jaehn setzt sich seitdem auch verstärkt für die Rechte und Akzeptanz von LGBTQIA+ ein.

Seit dem Coming-out ist Felix Jaehn weiterhin eine einflussreiche Person in der Musikbranche und schafft den Spagat zwischen Karriere und Privatleben. Jaehn möchte ein Vorbild für andere sein, die ihren eigenen Weg der Selbstfindung gehen. Der 30-jährige DJ hatte sich zuvor als pansexuell und nicht-binär geoutet und den geschlechtsneutralen Namen Fee gewählt - als DJ gilt weiterhin der Name Felix Jaehn. Im August 2024 sagte Felix Jaehn alle Konzerte aufgrund von psychischen Problemen ab. Trotz der Absagen veröffentlicht Jaehn weiterhin neue Musik.

Nun werfen wir einen Blick auf die Darstellung in den Medien und auf fiktive Biografien: Es gibt viele Texte, Filme und andere Medien, die verschiedene Identitäten darstellen.

Hier sind einige Beispiele: "Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen" (2016, unter der Regie von Theodore Melfi):
“Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen” ist ein amerikanisches biographisch-historisches Drama, das die inspirierende Geschichte von drei brillanten afroamerikanischen Frauen erzählt, deren außergewöhnliche mathematische und ingenieurtechnische Talente bei den frühen Weltraummissionen der NASA entscheidend waren.
  • Katherine Johnson (gespielt von Taraji P. Henson): Ein mathematisches Genie, das die Flugbahnen für viele NASA-Missionen berechnete, darunter den erfolgreichen Flug des Astronauten John Glenn an Bord der Friendship 7. Ihre Arbeit war entscheidend dafür, dass die Mission sicher und fehlerfrei verlief.
  • Dorothy Vaughan (gespielt von Octavia Spencer): Sie war die stellvertretende Leiterin der West Area Computers, erhielt aber weder den offiziellen Titel noch das Gehalt. Vaughan wurde Expertin für FORTRAN, eine frühe Computer Programmiersprache, und leitete die Umstellung ihres Teams auf die neuen IBM-Computer, die bei der NASA eingeführt wurden.
  • Mary Jackson (gespielt von Janelle Monáe): Eine aufstrebende Ingenieurin, die gegen die Rassentrennungspolitik kämpfte, um die erste schwarze Ingenieurin der NASA zu werden. In ihrem Streben nach Bildung und beruflicher Anerkennung war sie mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, doch letztendlich gelang es ihr, diese Hürden zu überwinden.
Vor dem Hintergrund der Rassentrennung in den Vereinigten Staaten in den 1960ern schildert der Film anschaulich die außergewöhnlichen Leistungen der Frauen im Spiegel des systematischen Rassismus und sexistischer Vorurteile. Der Film versucht nicht nur, negative Stereotypen zu vermeiden, sondern überwindet sie sogar. Die Charaktere werden als hochintelligent, engagiert und wesentlich für den Erfolg des US-Raumfahrtprogramms dargestellt.

“Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen” zeigt die Erfahrungen schwarzer Frauen in einem überwiegend weißen und männlichen Berufsfeld und stellt die Überschneidung von Rassismus und Geschlecht gut dar. Der Film wird häufig im Bildungsbereich eingesetzt und wurde teilweise in Lehrpläne aufgenommen, um Themen wie Rassismus, Geschlechtergleichstellung, die Bürgerrechtsbewegung und die Bedeutung von Vielfalt in MINT-Fächern zu beleuchten.

"The Hate U Give" (2017, verfasst von Angie Thomas):
"The Hate U Give" ist ein Roman für junge Erwachsene, der sich mit den Themen Rassismus, Identität und soziale Gerechtigkeit auseinandersetzt. Die Geschichte handelt von Starr Carter, einem 16-jährigen afroamerikanischen Mädchen, das sich zwischen zwei Welten bewegt: dem armen, überwiegend schwarzen Viertel, in dem sie lebt, und ihrer wohlhabenden, überwiegend weißen Privatschule. Starrs Leben nimmt eine dramatische Wendung, als ihr Jugendfreund Khalil bei einer Verkehrskontrolle von einem weißen Polizeibeamten erschossen wird. Khalil war unbewaffnet. Als einzige Zeugin wird Starr ins nationale Rampenlicht gedrängt und steht von allen Seiten unter Druck. Die Medien stellen Khalil als Drogendealer und Verbrecher dar, während Starrs Gemeinde für Gerechtigkeit kämpft. In der Zwischenzeit setzt sich Starr mit ihrer eigenen Identität auseinander, mit der Angst, sich zu äußern, und mit den möglichen Auswirkungen auf ihre Familie und ihre Community. Der Roman schildert Starrs Weg, wie sie ihre Stimme findet und beschließt, sich trotz der damit verbundenen persönlichen Risiken gegen die Ungerechtigkeit auszusprechen.

Das Buch wird vielfach für seine Darstellung unterschiedlicher Identitäten gelobt, vor allem für die afroamerikanische Erfahrungen und die Überschneidung von Rassismus, Klasse und sozialer Gerechtigkeit.

Der Roman wurde zu einem bedeutenden kulturellen Phänomen und wird häufig in Bildungseinrichtungen verwendet, um Themen im Zusammenhang mit Rassismus, Polizeigewalt und der Black-Lives-Matter-Bewegung zu diskutieren. Das Buch wurde 2018 unter der Regie von George Tillman Jr. erfolgreich verfilmt.

"Moonlight" (2016, verfasst und gedreht von Berry Jenkins):
„Moonlight“ ist ein US-amerikanisches Coming-of-Age-Drama, das auf dem unveröffentlichten semi-autobiografischen Theaterstück von Tarell Alvin McCraney ‚In Moonlight Black Boys Look Blue‘ basiert. Der Film erzählt die Geschichte eines jungen schwarzen Mannes, der in einer rauen Nachbarschaft in Miami aufwächst und sich mit seiner Identität und Sexualität auseinandersetzt.

„Moonlight“ begleitet Chiron durch drei Phasen seines Lebens: Als kleiner Junge lebt Chiron, der den Spitznamen „Little“ trägt, bei seiner drogenabhängigen Mutter und wird wegen seiner Andersartigkeit schikaniert. Unterstützung findet er bei Juan, einem Drogendealer, der zu einer Vaterfigur wird, und seiner Freundin Teresa. Als Teenager hadert Chiron mit seiner Sexualität und wird in der Schule gemobbt. Mit seinem Freund Kevin erlebt er einen zärtlichen Moment, aber Kevin verrät ihn später unter dem Druck seiner Mitschüler. Das führt zu einem gewalttätigen Vorfall, der seinen Weg verändert. Als Erwachsener ist Chiron, der sich nun „Black“ nennt, ein Drogendealer in Atlanta, der Juans Einfluss widerspiegelt. Ein Anruf von Kevin bringt ihn zurück nach Miami und zwingt ihn, sich seiner Vergangenheit und seinen ungelösten Gefühlen zu stellen.

Der Film wird in Bildungseinrichtungen als Lehrmittel zu einer Vielzahl von sozialen, kulturellen und psychologischen Themen eingesetzt, wie Rassismus, Männlichkeit und LGBTQIA+-Identität. Wichtig zu beachten ist, dass der Film nicht jugendfrei ist und Szenen zu Drogenkonsum, Gewalt und Sexualität enthält. Lehrkräfte geben vorab oft eine Einführung zum Kontext und moderieren die Diskussionen im Anschluss, um ein respektvolles und unterstützendes Umfeld zu schaffen.




DER EINFLUSS DES NATIONALEN KONTEXT
Dieser Abschnitt untersucht die nationalen Kontexte Bulgariens, Frankreichs, Deutschlands, Italiens und Spaniens und zeigt, wie verschiedene Formen von Diskriminierung und Privilegien in diesen Ländern aufeinandertreffen und die Erfahrungen marginalisierter Gruppen prägen. Durch das Verständnis der einzigartigen Herausforderungen und Möglichkeiten in jedem Land können Sie Ihr Wissen über Intersektionalität in verschiedenen europäischen Kontexten vertiefen.

Bulgarien
In der bulgarischen Gesetzgebung ist die Gleichstellung der Geschlechter verankert, allerdings bestehen die traditionellen patriarchalen Normen fort und beeinträchtigen die sozialen Rollen und Möglichkeiten von Frauen. Der Gender Pay Gap (geschlechtsspezifische Lohngefälle) beträgt im Durchschnitt 12,6 %, selbst in von Frauen dominierten Bereichen wie Bildung und Gesundheitswesen. Frauen haben 27 % der Parlamentssitze inne, und im EU-Parlament sind nur 4 von 17 Quotenstellen mit Frauen besetzt. Es mangelt an rechtlicher und gesellschaftlicher Anerkennung von nicht-binären und diversen Geschlechtsidentitäten. Ein bemerkenswerter Fortschritt zum Schutz von LGBTQIA+ ist jedoch die Aufnahme von Hate-Crimes aufgrund der sexuellen Orientierung in das Strafgesetzbuch im Jahr 2023.

In Bulgarien ist die östliche Orthodoxie als traditionelle Religion in der Verfassung verankert und die religiösen Einrichtungen vom Staat getrennt. Bei der Volkszählung 2021 bezeichneten sich 65 % der Menschen in Bulgarien als christlich und 10 % als muslimisch. Eine Umfrage aus dem Jahr 2023 ergab, dass sich 53 % als religiös bezeichnen, 29 % als nicht religiös und 9 % als atheistisch. Die religiöse Landschaft spiegelt verschiedene Glaubensrichtungen wider, aber LGBTQIA+-Personen stehen oft vor Herausforderungen, wenn es darum geht, Akzeptanz und Unterstützung zu erlangen, die sich mit Fragen der religiösen und kulturellen Einstellung zu sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität überschneiden.

In Bulgarien sind die Klassenunterschiede in der Gesellschaft stark ausgeprägt, was sich durch das Ende des Kommunismus und die anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen noch verschärft hat. Die Oberschicht, zu der auch wohlhabende Geschäftsleute und Politiker gehören, übt einen erheblichen Einfluss aus. Die wachsende Mittelschicht ist trotz des Wachstums mit wirtschaftlicher Instabilität konfrontiert. Die Arbeiterklasse hat mit niedrigen Löhnen und begrenztem Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung zu kämpfen; und die Unterschicht, zu der auch Minderheiten und Landbewohner*innen gehören, mit Armut und Arbeitslosigkeit. Die Einkommensungleichheit ist gravierend, wobei die reichsten 20 % deutlich mehr verdienen als die ärmsten. Diese Ungleichheit wirkt sich auch auf LGBTQIA+-Personen aus, die durch das Zusammentreffen wirtschaftlicher und sozialer Benachteiligungen vor noch größere Herausforderungen gestellt werden.

Homosexualität wurde 1968 entkriminalisiert, doch die rechtliche Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren und trans* Personen sind nach wie vor nicht gegeben. Gleichgeschlechtliche Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften werden nicht anerkannt, was sich auf Rechte und Ansprüche der Menschen auswirkt. trans* Personen haben Schwierigkeiten bei der Änderung rechtlicher Dokumente und dadurch auch weniger Zugang zu Gesundheitsversorgung und dem Arbeitsmarkt. Die Einstellung ist in der Breite konservativ, und vor allem auf dem Land ist die Haltung gegenüber LGBTQIA+-Themen sehr negativ. In urbanen Zentren wie Sofia ist die Akzeptanz größer, aber es gibt nur wenig Unterstützungsdienste, die meist von NGOs angeboten werden. Darüber hinaus wird in den Schulen aufgrund des politischen Widerstands kaum Sexualkunde unterrichtet, was die Herausforderungen für LGBTQIA+-Personen noch vergrößert. Die ethnische Landschaft Bulgariens ist vielfältig: 85 % der Bevölkerung sind bulgarisch, und es gibt bedeutende Minderheitengruppen, darunter die türkische (8-10 %), (vor allem muslimische) Bevölkerung und die Roma (5 %). Historische und kulturelle Spannungen, insbesondere die negative Einstellung gegenüber der türkischen Bevölkerung aufgrund historischer Konflikte und der erzwungenen Assimilationspolitik während des Kommunismus, bestehen fort. Die Roma Community hat mit Armut und Diskriminierung zu kämpfen. Diese sich überschneidenden Herausforderungen erschweren die Lebensrealität von LGBTQIA+-Personen innerhalb dieser Gruppen, da sie sowohl aufgrund ihrer ethnischen Herkunft als auch ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität Diskriminierung erfahren. Die komplexen ethnischen und kulturellen Dynamiken in Bulgarien beeinflussen maßgeblich den Grad der Akzeptanz und Unterstützung, die LGBTQIA+-Personen in der Gesellschaft erhalten.

Bulgarien hat zwar internationale Konventionen zur Unterstützung der Frauenrechte unterzeichnet, die Istanbul-Konvention jedoch nicht ratifiziert. Intersektionale Diskriminierung ist weit verbreitet, insbesondere für LGBTQIA+-Personen. Trotz des gesetzlichen Schutzes sind die gesellschaftlichen Einstellungen nach wie vor konservativ, insbesondere in ländlichen Gebieten, was die Wirksamkeit dieser Gesetze und die Einbeziehung von LGBTQIA+-Personen in verschiedene soziale Bereiche einschränkt.

In Bulgarien gibt es Antidiskriminierungsgesetze, die jedoch nicht konsequent durchgesetzt werden, vor allem bei marginalisierten Gruppen wie Roma und die türkische Minderheit. Intersektionale Diskriminierung sowie Ausgrenzung und Stigmatisierung sind weit verbreitet, insbesondere bei LGBTQIA+-Personen mit romano- oder türkischem Hintergrund. Romnja und LGBTQIA+-Personen werden aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung häufig sozial ausgegrenzt und haben nur begrenzten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und Gesundheitsversorgung.

Frankreich
Laut einer Studie, die 2020 und 2022 in Frankreich durchgeführt wird, lehnt mehr als die Hälfte der Menschen Geschlechterstereotypen ab, ein Viertel akzeptiert sie, und ein weiteres Viertel ist ambivalent.

Zu den Merkmalen, die das Festhalten an Stereotypen verstärken, gehören: männlich, über 65 Jahre alt, religiös, migrantisch oder weniger gebildet. Die Forschung zeigt die anhaltende Ungleichheit im häuslichen Bereich: Geschlechterstereotype korrelieren mit ungleichen Rollen im häuslichen Bereich. Obwohl die Gleichstellung der Geschlechter gesetzlich vorgeschrieben ist, bestehen die traditionellen Rollen im beruflichen, sozialen und familiären Bereich fort und betonen die getrennten Aufgaben von Männern und Frauen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Einstellung der Franzosen zur Homosexualität erheblich verändert. Eine Umfrage der Vereinigung zur Erforschung von Wertesystemen (Arval) zeigt, dass sich die Toleranz gegenüber Homosexualität zwischen 1981 und 2018 verdoppelt hat. 90 % der Menschen in Frankreich halten Homosexualität für eine normale Art, ihre Sexualität auszuleben.

Auch die Meinungen über die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare haben sich geändert. Allerdings wird Homosexualität noch nicht in allen Bereichen des öffentlichen Lebens vollständig akzeptiert. Etwa 15 % der Franzosen sind der Meinung, dass sexuelle Beziehungen heterosexuell sein sollten, und es gibt einen stärkeren Widerstand gegen Adoption für homosexuelle Paare. Jedes Jahr geben etwa 140 000 Menschen an, Opfer homofeindlicher Übergriffe geworden zu sein, was zeigt, dass Homosexualität trotz einer größeren Akzeptanz noch nicht vollständig in der französischen Gesellschaft akzeptiert ist.

Rechtlich gesehen gibt es in Frankreich keine nationalen Minderheiten: Seit der Französischen Revolution gibt es nur ein Volk auf dem französischen Festland und ethnische Statistiken sind nicht zulässig.

Generell lässt sich jedoch feststellen, dass Migrant*innen und ihre Nachkommen auf Grund der Herkunft andere Voraussetzungen für Beschäftigung haben: Nachname, Religion, Hautfarbe, kulturelle Praktiken usw. Darüber ergeben sich aus der Migrationserfahrung weitere Schwierigkeiten: Sprachkenntnisse, Anerkennung von Qualifikationen, administrative Hürden im Zusammenhang mit der Staatsangehörigkeit usw. Die Herkunft spielt also eine Rolle bei der Aufrechterhaltung der Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt.

Der in Frankreich geltende Rechtsrahmen für LGBT-Themen hat sich in den letzten Jahrzehnten radikal verändert hin zu gleichen Rechten. Stereotypen und Vorurteile sind jedoch nach wie vor da und schüren Hate Speech, Diskriminierung und Gewalt, die immer noch allzu oft Teil des täglichen Lebens der Menschen sind. Gleichzeitig bleiben viele Rechte unwirksam. Trotz der Maßnahmen, die seit den 2000er Jahren zur Förderung der Gleichberechtigung von LGBTI+-Personen ergriffen wurden, zeigen nationale Opfererhebungen, dass das Ausmaß der Gewalt gegen LGBTI-Personen nach wie vor hoch ist (2019 gaben 55 % der LGBT-Personen an, im Laufe ihres Lebens Gewalt im Zusammenhang mit ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität erlebt zu haben).

Das Konzept der Intersektionalität hat aufgrund seines komplexen und vielschichtigen Ansatzes eine Debatte ausgelöst. Während einige Kritiker*innen darin eine Bedrohung für die traditionelle, klassenorientierte soziologische Analyse sehen, betrachten andere es als einen wesentlichen Ansatz zum Verständnis der vielfältigen Facetten von Unterdrückung und Ungleichheit in der modernen Welt.

In Frankreich ist das Konzept noch neu und es wird einige Zeit dauern, bis es in Einklang mit den Grundwerten der französischen Republik gesehen wird.

Deutschland
Deutschland hat bemerkenswerte Fortschritte bei den LGBTQIA+-Rechten gemacht, darunter die Anerkennung einer dritten Geschlechtsoption („divers“) seit 2018 und die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes Ende 2024. Dennoch gibt es nach wie vor Herausforderungen wie Diskriminierung, langwierige rechtliche Verfahren für Geschlechtsangleichungen und ein unterschiedliches Maß an öffentlicher Akzeptanz. Überschneidungen mit Rassismuserfahrung und Migrationshintergrund verschärfen die Ungleichheiten, insbesondere für Frauen und Migrantinnen of Color. Zwar haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Gesundheitsversorgung für trans* Personen verbessert, doch gibt es nach wie vor Lücken beim Zugang zu Gesundheitsversorgung und Unterstützung. Es gibt regionale Unterschiede bei der Akzeptanz von LGBTQIA+, wobei größere Städte oft inklusiver sind als ländliche Gebiete. Laufende Initiativen zielen darauf ab, die Repräsentanz zu verbessern und rechtliche Verfahren zu vereinfachen.

Die religiöse Landschaft in Deutschland ist zwar vielfältig (Islam, Judentum, Buddhismus und Hinduismus), allerdings ist das Christentum vorherrschend und es gibt eine beträchtliche Anzahl nicht konfessionsloser Menschen, insbesondere in den neuen Bundesländern. Die Bekämpfung von Islamfeindlichkeit und Antisemitismus sind eine ständige Herausforderung, die durch Migration noch verstärkt wird. Die Rechte von LGBTQIA+ variieren erheblich: Einige protestantische Kirchen unterstützen die gleichgeschlechtliche Ehe, während die katholische Kirche konservativ bleibt. Die islamischen Ansichten zu LGBTQIA+-Fragen sind im Allgemeinen traditionell. Progressive muslimische Gruppen bemühen sich um eine größere Akzeptanz und Unterstützung innerhalb ihrer Communities.

Die Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 hat die wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen Ost und West verstärkt. In Ostdeutschland ist die Arbeitslosigkeit höher und die Löhne sind niedriger. Obwohl es in Deutschland einen starken rechtlichen Schutz und fortschrittliche Rechte für LGBTQIA+ gibt, ist die wirtschaftliche Ungleichheit nach wie vor beträchtlich und wirkt sich auf LGBTQIA+ Personen je nach sozialer Stellung unterschiedlich aus. Die Klassenzugehörigkeit und der Migrationshintergrund wirken sich auf das Bildungsniveau aus und tragen zur Verfestigung von Armut bei. Integrative Maßnahmen und soziale Unterstützungssysteme sollen diese Ungleichheiten verringern und zu mehr sozialer und wirtschaftlicher Gleichberechtigung führen.

Homosexualität wurde in Deutschland 1994 entkriminalisiert, und die gleichgeschlechtliche Ehe ist seit 2017 legal, wobei auch das Adoptionsrecht gewährt wird. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (2006) verbietet die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung. Trotz der zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz und des gesetzlichen Schutzes gibt es nach wie vor Homo- und Transfeindlichkeit sowie eine erhebliche Anzahl von Straftaten gegen Homosexuelle. Trans* und LGBTQIA+ People of Color sind einem erhöhten Risiko von Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Auch wenn die Repräsentation und Akzeptanz in den Medien und im öffentlichen Leben zunimmt, gibt es keine vollständige Gleichberechtigung. Die deutschen Pride-Veranstaltungen und die Unterstützung für LGBTQIA+-Flüchtlinge unterstreichen die laufenden Bemühungen um Rechte und Schutz. Die ethnische Vielfalt in Deutschland hat aufgrund der historischen Migration und der jüngsten Migration von Geflüchteten insbesondere seit 2015 zugenommen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (2006) verbietet Diskriminierung auf Grund von Herkunft, und die Integrationspolitik unterstützt Zugewanderte mit Sprachkursen und Berufsausbildung. Trotz dieser Maßnahmen sind Minderheiten, insbesondere aus Nicht-EU-Ländern, mit erheblichen Ungleichheiten in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Wohnen konfrontiert. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bestehen fort und werden durch den zunehmenden Rechtspopulismus noch verschärft. Bewegungen wie Black Lives Matter machen auf den systematischen Rassismus aufmerksam und fordern Gleichberechtigung. Die jüngsten Diskussionen konzentrieren sich darauf, die Einwanderungs- und Asylpolitik inklusiver zu gestalten.

Das deutsche Grundgesetz garantiert Menschenwürde und Gleichberechtigung und untermauert den rechtlichen Schutz für LGBTQIA+ Personen. Es gibt Gesetze und politische Maßnahmen gegen Hate Crimes, die allerdings nicht immer wirksam sind. Der Wohlfahrtsstaat bietet eine umfassende soziale Absicherung, dennoch sind LGBTQIA+ Menschen, insbesondere trans* Personen, mit anhaltender Diskriminierung und rechtlichen Herausforderungen konfrontiert, vor allem in ländlichen und konservativen Gegenden. Die Akzeptanz und Unterstützung der Rechte von LGBTQIA+ ist sehr unterschiedlich, was die Notwendigkeit kontinuierlicher Fortschritte und einer besseren Durchsetzung der bestehenden Schutzmaßnahmen unterstreicht.

Der strenge Rechtsrahmen in Deutschland schützt vor Diskriminierung, aber LGBTQIA+-Personen, insbesondere aus Minderheiten, sind aufgrund von Intersektionalität einer verstärkten Diskriminierung ausgesetzt. Das Aufkommen rechtsextremer Ideologien hat das verschärft und zu mehr Feindseligkeit und Ausgrenzung geführt. Frauen of color, Muslima und LGBTQIA+-Geflüchtete sind in Bereichen wie Beschäftigung, Bildung und Gesundheitsversorgung benachteiligt. Trotz des gesetzlichen Schutzes sehen sich trans* und LGBTQIA+ Personen weiterhin mit erheblichen Hindernissen konfrontiert, was die Notwendigkeit eines inklusiveren und intersektionalen Ansatzes zur Bekämpfung von Diskriminierung unterstreicht.

Italien
In Italien gibt es weder ein Gesetz gegen Hetze noch verschärfte Regelungen für queerfeindliche Hassverbrechen. Das einzige Antidiskriminierungsgesetz, das queere Menschen schützt, ist die EU-Richtlinie zum Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung am Arbeitsplatz. Der Transitionsprozess von trans* Personen ist gesetzlich anerkannt und wird vom nationalen Gesundheitssystem unterstützt, aber es gibt keine Anerkennung nicht-binärer Identitäten und keinen Schutz der körperlichen Unversehrtheit von inter* Personen.

Italien war das letzte westeuropäische Land, das gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht auf eine eingetragene Lebenspartnerschaft zugestanden hat, nicht aber das Recht auf Heirat oder Adoption. In Italien ist der Sexualkundeunterricht kein Pflichtfach in der Schule. Jede Schule kann selbst entscheiden, ob sie es unterrichtet oder nicht. Laut einer Umfrage der Zeitung Corriere della Sera aus dem Jahr 2024 gibt es in fast keiner Grundschule Sexualkundeunterricht. In den Gymnasien bietet nur ein Viertel der Schulen diese Kurse an, die in der Regel nur 6 Stunden dauern.

Dies führt zu einer weit verbreiteten Unkenntnis über Sexualität allgemein und noch mehr über geschlechtliche und sexuelle Minderheiten. Der Begriff „Intersektionalität“ wird von vielen Organisationen übernommen, manchmal mehr als Wunsch denn als Arbeitsmethode: Die Mehrheit der politischen und sozialen Organisationen konzentriert sich weiterhin ausschließlich auf einzelne Faktoren wie Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Rassismuserfahrung. So unterstützt beispielsweise die Hälfte der feministischen Organisationen die queere Community, aber nur eine Minderheit der Organisationen engagiert sich im Kampf gegen Rassismus und für die Rechte von Migrant*innen und Menschen mit Behinderung.

Um die Komplexität des intersektionalen Themas zu verstehen, können wir katholische queere Menschen als Beispiel nehmen. In Italien sind queere Menschen eine unterdrückte Minderheit, wohingegen die katholische Kirche einen starken sozialen und politischen Einfluss ausübt.

Aber queer und katholisch zu sein, bedeutet nicht, dass ein Privileg „hinzukommt“, da die katholische Kirche weiterhin Homosexualität verurteilt und sich gegen die Rechte von LGBTQIA+ stellt. Auf der anderen Seite ist die Position innerhalb der katholischen Kirche nicht einheitlich und in Italien gibt es etablierte und bekannte Vereinigungen von christlichen queeren Menschen.

Queere Gläubige anderer Konfessionen dahingegen sind kaum sichtbar. Das Projekt „Musulmani Omosessuali in Italia“ endete vor einigen Jahren und die gleichberechtigte Lehre der Waldenserkirche, die zum Beispiel hetero- und homosexuelle Paare gleichsetzt, ist kaum bekannt.

Die wachsende Fremdenfeindlichkeit im Land und die Unsichtbarkeit von Menschen mit Rassismuserfahrung in den Medien spiegeln sich auch in der LGBTQIA+ Community wider.

Die Community besteht fast ausschließlich aus weißen Personen, während Personen mit Rassismuserfahrung in der Regel nur über Einwanderung und das Asylrecht sprechen.

Die Reformen der letzten Regierungen haben es in der Praxis immer schwieriger gemacht, das (in den Gesetzen verankerte) Recht auf internationalen Schutz für LGBTQIA+ Menschen anzuerkennen. Eine weitere Schwierigkeit stellt die Sprache dar: Informationen über LGBTQIA+-Rechte in Italien und wie sie geltend gemacht werden können, sind für diejenigen, die die italienische Sprache nicht beherrschen, oft schwer zugänglich.

Laut einer Studie des Forschungszentrums für Politik der Universität Verona unterscheiden sich die Einstellungen zur Homosexualität kaum zwischen den sozialen Klassen, wohingegen die Akzeptanz von trans* Personen in den wohlhabenderen Schichten größer ist.

Andererseits ist eine queere und arme Person gleichzeitig mit Queerfeindlichkeit und sozialer und wirtschaftlicher Marginalisierung konfrontiert. Besonders dramatisch ist dies für trans* Personen, die größere Schwierigkeiten haben, ins Berufsleben einzusteigen, und deshalb oft unterbezahlte oder ungewollte Jobs annehmen müssen.

Spanien
Die Diktatur Francos (die 1975 endete) führte strenge Geschlechterrollen ein, schränkte die Rechte von Frauen ein sowie ihren Zugang zu Bildung und Beschäftigung. Bis heute hält die gesellschaftliche Diskriminierung an. Leider dauert es lange, bis die Wunden des Faschismus und des Bürgerkriegs geheilt sind. Gegenwärtig gibt es immer noch hochrangige Beamte in öffentlichen Einrichtungen, die diese Ideologie vertreten.

Diese Diskriminierungen sind in der Arbeitswelt offensichtlich. Frauen werden schlechter bezahlt und haben weniger Zugang zu Führungspositionen in Unternehmen. Trans* Personen sind oft von Arbeitslosigkeit und Unterbezahlung betroffen und 77 % der Befragten wurden bei der Arbeitssuche diskriminiert; auch nicht-binäre Personen haben Schwierigkeiten im traditionellen Arbeitsmarkt.

In der übrigen LGBTQIA+- Gruppe hingegen ist die Beschäftigungsquote höher als in der Allgemeinbevölkerung. Dies ist wahrscheinlich zum einen darauf zurückzuführen, dass sich ein höherer Prozentsatz junger Menschen als queer identifiziert, und zum anderen darauf, dass ein geringerer Prozentsatz der LGBTQIA+-Bevölkerung unbezahlte Hausarbeit verrichtet.

LGBTQIA+ (und insbesondere trans* Personen), vor allem solche mit geringer Bildung und keinem oder geringem Einkommen, sind am stärksten von Obdachlosigkeit betroffen. Die Hälfte der trans* Menschen war in ihrem Leben bereits obdachlos.

Spanien hat Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung ergriffen. Zu den jüngsten Beispielen gehören drei Gesetze aus dem Jahr 2023, von denen wir hier nur einige Schlaglichter wiedergeben. Ein erstes Gesetz ermöglicht es Personen ab 16 Jahren ihr Geschlecht legal und ohne medizinische Auflagen zu ändern. Ein zweites Gesetz ermöglicht es weiblichen Paaren automatisch als Eltern anerkannt zu werden, ohne dass sie heiraten und ein Adoptionsverfahren durchlaufen müssen. Ein drittes Gesetz sorgt dafür, dass alle Arten von Familien anerkannt und rechtlich gleichgestellt sind.

Leider hinkt der kulturelle und gesellschaftliche Wandel hinterher, da die katholische Kirche nach wie vor einen starken Einfluss ausübt und die spanische Bevölkerung, die unter dem Franquismus aufgewachsen ist, oft eher ablehnend gegenüber Veränderungen ist.

Die absolute Mehrheit der spanischen Bevölkerung bezeichnet sich als katholisch (obwohl die Zahl der Gläubigen ständig abnimmt), während nur die relative Mehrheit der LGBTQIA+-Bevölkerung katholisch ist. Dies ist wahrscheinlich auch auf die historische Allianz zwischen der Franco-Diktatur und der katholischen Kirche zur Aufrechterhaltung der patriarchalen Werte zurückzuführen. Fast 8 % der LGBTQIA+-Bevölkerung des Landes bekennen sich zu Minderheitenreligionen (in der Gesamtbevölkerung sind es 2,5 %).

Das Thema der Intersektionalität ist von großer Bedeutung, wenn man bedenkt, dass etwa ein Drittel der spanischen LGBTQIA+-Bevölkerung erklärt, neben der sexuellen oder geschlechtlichen auch einer (ethnischen oder religiösen) Minderheit anzugehören. Allerdings bezeichnen sich nur 6,6 % der Migrant*innen als LGBTQIA+, 11,7 % der Gesamtgesellschaft und etwa 10 % unter den Asylbewerber*innen. Die Daten über die nicht asylsuchende Migrationsbevölkerung scheinen zu zeigen, dass es schwierig ist, die Zugehörigkeit zu einer geschlechtlichen oder sexuellen Minderheit zu bekunden. Seit 2006 ist Sexualkunde ein Querschnittsthema in den Schulen und befasst sich mit geschlechtsspezifischer Gewalt und emotional-sexueller Vielfalt, aber es gibt keinen verbindlichen Lehrplan für dieses Fach.

Es gibt kein spezifisches Gesetz, das die sexuellen Rechte von Menschen mit Behinderungen umfassend regelt. Die HIV-Abteilung des Hospital Clínic in Barcelona hat alarmierende statistische Daten über lateinamerikanische trans* Frauen, die als Sexarbeiterinnen tätig sind, vorgelegt und die Entwicklung spezifischer klinischer Leitlinien für diese Gruppe gefordert.




VON LEBENSREALITÄTEN ZUR THEORIE
Dieser Abschnitt behandelt die theoretischen Grundlagen von Intersektionalität und Diskriminierung. Er analysiert die Konzepte von Privilegien und Unterdrückung und beleuchtet anschließend die Definition sowie den theoretischen Hintergrund der Intersektionalität. Abschließend liegt der Fokus auf Diskriminierungsformen im Kontext des EU-Rechts.

Privilegien und Unterdrückung
Die intersektionale Analyse ermöglicht eine neue Lesart sozialer Phänomene, insbesondere von Diskriminierung. Sie stellt Kategorien in Frage und untersucht stattdessen die Dynamik von Macht (und damit von Privilegien und Unterdrückung), die in bestimmten Kontexten entstehen.

Wenn wir die Unterschiede im Zusammenhang mit Machtverhältnissen, Privilegien und Unterdrückung in Betracht ziehen, sehen wir, dass nicht alle Menschen die gleichen Möglichkeiten und Voraussetzungen haben. Viele Menschen starten aus einer benachteiligten Position – zum Beispiel aufgrund ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer sozialen Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung. Diese Perspektive ist entscheidend, um zu verstehen, dass es nicht ausreicht, allen die gleichen Ressourcen bereitzustellen. Denn eine Person, die aus einer benachteiligten Position startet, hat es deutlich schwerer, die gleiche Stellung und Lebensqualität zu erreichen wie jemand mit Privilegien. Zudem müssen weitere Dimensionen der Unterdrückung berücksichtigt werden, die den Lebensweg dieser Person zusätzlich erleichtern oder erschweren können. Genau hier liegt der Unterschied zwischen Gleichheit und Gerechtigkeit: Statt alle gleich zu behandeln, geht es darum, allen die gleichen Chancen zu ermöglichen – unter Berücksichtigung individueller Unterschiede und bestehender Privilegien.

Equality doesn’t mean equity
Interactive task missing Das Erkennen und Verstehen von Privilegien und Unterdrückung hilft dabei, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie sich diese Faktoren sowohl allgemein als auch im spezifischen Kontext der Bildung auf Lebenserfahrungen auswirken.

Privilegien

Die Autor*innen Linda L. Black und David Stone identifizieren in ihrem Artikel Expanding the Definition of Privilege: The Concept of Social Privilege fünf zentrale Bestandteile von Privilegien:
  • Es handelt sich um einen besonderen Vorteil, der weder allgemein verbreitet noch universell ist. Er ist speziell, weil er nur wenigen vorbehalten ist und nicht übertragen werden kann.
  • Privilegien sind gegeben und nicht durch individuelle Anstrengung oder Talent erworben.
  • Privilegien sind ein Recht oder eine Berechtigung, die einen privilegierten Status oder Rang verleihen. Dadurch wird der Zugang zu Chancen oder Ressourcen erleichtert.
  • Sie werden zum Vorteil des Empfängers ausgeübt, zum Nachteil oder Ausschluss anderer. Verdienste haben damit nichts zu tun.
  • Die Person, die sie besitzt, ist sich nicht darüber bewusst. Wir erkennen unser Privileg erst, wenn wir auf Menschen stoßen, die dieses Privileg nicht haben. Wenn wir uns diejenigen anschauen, die Rassismus, Sexismus erfahren oder denen es nicht möglich war zu studieren. Oder wenn wir reisen und an fernen Orten landen, wo unser Privileg keine Rolle mehr spielt, und wir uns dann diskriminiert fühlen.
Privilegien wurden ursprünglich im Kontext von Rassismus und Geschlecht untersucht – weiße Privilegien oder männliche Privilegien sind dabei die am häufigsten untersuchten und zitierten Beispiele. Heute wissen wir jedoch, dass es viele verschiedene Arten von sozialen Privilegien gibt. Zum Beispiel: Privilegien aufgrund der sexuellen Orientierung, der sozialen Klasse, der körperlichen Unversehrtheit, der Religion, des Alters usw.

Diese Formen von Privilegien können sich miteinander kombinieren (z. B. ein junger, weißer, gesunder Mann aus einer oberen sozioökonomischen Klasse).

Es gibt zwei Ansätze, um Privilegien zu verstehen. Erstens kann man erkennen, wie gesellschaftliche Strukturen einem zugutekommen, zum Beispiel durch Hautfarbe, Geschlecht oder körperliche Unversehrtheit und Fähigkeiten. Zweitens kann man sich bewusst machen, dass andere diese Vorteile möglicherweise nicht haben, besonders in einem gemeinsamen Umfeld wie beispielsweise einem Kurs.

Indem Sie das tun, übernehmen Sie persönliche Verantwortung dafür, die Benachteiligungen abzumildern, denen andere ohne eigenes Verschulden ausgesetzt sind. Als Lehrkraft können Sie viel tun, um ein Ally für queere Lernende zu sein. Zum Beispiel können Sie ihnen das Gefühl geben, gesehen zu werden, indem Sie Lektionen über die LGBTQIA+ Bewegung und -Menschen in Ihr Programm aufnehmen, Szenarien mit gleichgeschlechtlichen Paaren und trans* Menschen einbauen oder eine Pride-Gruppe ins Leben rufen.

Die eigenen Privilegien zu hinterfragen hilft eine inklusive Community zu schaffen und sich in einem zunehmend inklusiven Umfeld zu entfalten.

Interactive task missing Laut Linda L. Black und David Stone ist es ein Merkmal von Privilegien, dass sich diejenigen, die sie besitzen, nicht darüber bewusst sind. Denken Sie an Ihre eigenen Erfahrungen: Haben Sie schon mal erst dann erkannt, dass Sie ein Privileg haben, als Sie auf jemanden trafen, der es nicht hatte?

Unterdrückung
Das Wort Unterdrückung erscheint vielen in unserer heutigen Gesellschaft seltsam, da es oft mit offensichtlicher Gewalt oder Misshandlung assoziiert wird. In den modernen westlichen Gesellschaften hat sich das Wesen der Unterdrückung jedoch dahingehend verschoben, dass Unterdrückung strukturell funktioniert. Das bedeutet, dass Menschen Unterdrückung erfahren, wenn sie mit sozialen Systemen (wie dem Bildungswesen, Sozialeinrichtungen, Finanzinstitutionen, Gesundheitsbehörden usw.) in Kontakt treten. Das mag für andere Menschen, die keine oder andere Unterdrückung erfahren, möglicherweise nicht nachvollziehbar sein, da sie diese nicht auf dieselbe Weise oder in demselben Ausmaß erleben.

Unterdrückung findet auf allen Ebenen statt und wird durch soziale Normen, institutionelle Vorurteile, zwischenmenschliche Beziehungen und persönliche Überzeugungen verstärkt.

Die Feministin und politische Theoretikerin Iris Marion Young ist Autorin des Modells “Five Faces of Oppression” (Deutsch: „Fünf Gesichter der Unterdrückung“). In dem gleichnamigen Aufsatz gibt sie einen Rahmen mit Kategorien für die verschiedenen Arten der Unterdrückung vor. Diese Kategorien sind:
  • Ausbeutung: Ausnutzung der Arbeitskraft von Menschen zur Erzielung von Gewinnen, ohne dass diese dafür eine angemessene Entlohnung erhalten.
  • Marginalisierung: Abwertung oder Ausgrenzung einer Gruppe von Menschen in eine niedrigere soziale Stellung oder an den Rand der Gesellschaft.
  • Ohnmacht: Einstufung von Menschen in einer Gesellschaft als machtlos, die von der "herrschenden Klasse" dominiert werden. Sie sind es gewohnt, Befehle entgegenzunehmen und haben selten oder nie das Recht, sie zu erteilen.
  • Kultureller Imperialismus: Übernahme einer Kultur durch die „herrschende Klasse“ und die Etablierung dieser Kultur als Norm, wobei andere Gruppen als anders und/oder minderwertig definiert werden.
  • Gewalt: Reale Möglichkeit und Befürchtung von Mitgliedern bestimmter Gruppen, dass sie willkürlicher, unprovozierter Angriffe auf ihre Person oder ihr Eigentum ausgesetzt sein können.
Als Lehrkraft ist es wichtig, dass Sie die vielfältigen Unterdrückungsformen erkennen, die sich für Ihre Lernenden, verschiedene Communities und Sie selbst ergeben; und dass Sie wissen, was Sie tun können, um etwas daran zu verändern. Wir können die Auswirkungen von Macht nur erkennen, wenn wir uns dessen bewusst sind und versuchen Rassismus, Sexismus, Klassismus, Ableismus, Heterosexismus und alle anderen Formen der Unterdrückung, zu verstehen.

Interaktive Übung
Denken Sie über die von Iris Marion Young aufgelisteten Kategorien der Unterdrückung nach. Welche ist Ihrer Meinung nach in dem Land, in dem Sie leben, am weitesten verbreitet?

Definition und theoretischer Hintergrund von Intersektionalität
Der Begriff Intersektionalität wurde 1989 von der afroamerikanischen Anwältin Kimberlé Williams Crenshaw in ihrem Aufsatz "Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory and Antiracist Politics." geprägt.

Intersektionalität ist in der schwarzen feministischen Literatur seit den 1960er Jahren zu finden. Michele Wallace war in dieser Hinsicht eine Pionierin, die die Frauenfeindlichkeit innerhalb der Black-Power-Bewegung kritisierte und auf die gemeinsamen Grundlagen von Frauenfeindlichkeit und Rassismus hinwies. Die Texte von Angela Davis waren entscheidend für die Analyse der Beziehung zwischen Klasse und Rassismuserfahrung und beleuchteten die Rolle beider Faktoren bei der besonderen Ausgrenzung von schwarzen Frauen. Auch Bell Hooks identifizierte Rassismus und Sexismus als inhärent miteinander verwobene Formen struktureller Unterdrückung. Sie bezeichnete die schwarze nationale Befreiungsbewegung als patriarchal und den Feminismus als eine weiße Bewegung der Mittelschicht, die den Bedürfnissen nicht-weißer und armer Frauen völlig fremd sei.

In ihrem Aufsatz lieferte Crenshaw eine rechtliche Analyse von Diskriminierungsfällen gegen schwarze Frauen und schlug vor, den Begriff der Intersektionalität zu verwenden, um die Ausgrenzung afroamerikanischer Frauen sowohl in der Antidiskriminierungsgesetzgebung als auch in der feministischen und antirassistischen Theorie und Politik anzugehen. Crenshaws theoretische Sichtweise wurde insbesondere durch den Fall von Emma DeGraffenreid geprägt. 1976 verklagten Emma und vier andere schwarze Frauen General Motors wegen Diskriminierung. Sie behaupteten, das Unternehmen würde schwarze Frauen diskriminieren.

Die Klage von Emma wurde vom Gericht abgewiesen. Der Richter entschied, dass das Unternehmen nicht aufgrund des Geschlechts diskriminiert hat, weil es Frauen einstellte (weiße Frauen für Verwaltungspositionen). Ebenso hat das Unternehmen nicht aufgrund von Rassismus diskriminiert, weil es Schwarze einstellte (schwarze Männer für Industriearbeiten). Das eigentliche Problem wurde jedoch vom Richter nicht erkannt. Emma versuchte zu beweisen, dass schwarze Frauen einer bestimmten Art von Diskriminierung ausgesetzt waren. Diese Diskriminierung war nicht einfach die Summe dessen, was schwarze Männer und weiße Frauen erlebten.

Obwohl sie doppelt betroffen waren, erhielten schwarze Frauen von keiner der beiden Gruppen Aufmerksamkeit. Sie wurden von der männerdominierten Bürgerrechtsbewegung und der von Weißen dominierten feministischen Bewegung übergangen.

In diesem Zusammenhang entwickelte Crenshaw das Konzept der Intersektionalität, das die Beziehungen zwischen sozialen Positionen und Unterdrückung aufzeigt. Im Fall von Emma DeGraffenreid führte die Betrachtung von Rassismus und Geschlecht als sich gegenseitig ausschließende Erfahrungs- und Analysekategorien zur Unsichtbarkeit ihrer Mehrfachdiskriminierung. Analysen, die die Interaktion zwischen Unterdrückungs- und Privilegiensystemen nicht berücksichtigen, verfehlen diese Probleme. Die intersektionale Perspektive hingegen ermöglicht es, jedes Problem als komplexes Ganzes zu betrachten und die verschiedenen Ebenen und Kategorien der Unterdrückung zu berücksichtigen. Die Ebenen summieren sich nicht, sondern verbinden und überschneiden sich gleichzeitig. Aus diesem Grund ist die am häufigsten verwendete Metapher die des Verkehrs auf einer Kreuzung, der in alle vier Richtungen kommt und geht. Die Diskriminierung kann also in jede Richtung fließen. Und wenn auf einer Kreuzung ein Unfall passiert, kann er von Autos verursacht werden, die in eine der vier Richtungen fahren, manchmal sogar in alle Richtungen. Wenn eine schwarze Frau auf einer Kreuzung verletzt wird, könnte ihre Verletzung auf sexuelle oder rassistische Diskriminierung zurückzuführen sein. Aber es ist nicht immer einfach, einen Unfall zu rekonstruieren: Manchmal deuten die Bremsspuren und die Verletzungen einfach darauf hin, dass diese beiden Ereignisse gleichzeitig stattgefunden haben, was wenig darüber aussagt, welches Fahrzeug die Verletzung verursacht hat.

Ein intersektionaler Ansatz bedeutet, die Einzigartigkeit der Erfahrungen jeder Person anzuerkennen, ebenso wie die möglichen Diskriminierungen und Formen der Ausgrenzung, die sie erfahren. Es bedeutet auch, zu verstehen, dass die eigene Sichtweise und Wissen über die Welt niemals neutral oder universell ist, sondern immer von unserer sozialen Position und der Machtdynamik bestimmt wird, in die wir eingebettet sind.

Die intersektionale Perspektive ermöglicht die Entwicklung inklusiverer Politiken, die die Bedürfnisse bestimmter Gruppen berücksichtigen, so dass niemand auf der Strecke bleibt und alle bei den sie betreffenden Entscheidungen und Maßnahmen vertreten sind.

Wenn Intersektionalität ignoriert wird, können Radikale Ideologen leichter verbreiten und Spaltungen in rogressiven Gruppen verursachen. Dadurch wird die Debatte zu einer „Wir-gegen-die“ und nicht zu einer gemeinsamen Initiative für Gerechtigkeit und Gleichheit für alle. Extremistische Gruppen nutzen diese Denkweise, um Menschen weiter an den Rand zu drängen und ihre gefährliche Ideologie mit angstmachenden Argumenten zu verschleiern, die behaupten, „mehr Rechte für die anderen bedeuten weniger Rechte für uns".

Diskriminierung ist definiert als ein Verhalten, das eine Person oder eine Gruppe von Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kategorie ungleich behandelt. Es gibt verschiedenen Formen der Diskriminierung.

Direkte Diskriminierung liegt vor, wenn Maßnahmen ergriffen werden, um eine Person oder Gruppe in eine nachteilige Situation oder Position zu bringen. Ein Beispiel für direkte Diskriminierung ist die Nichteinstellung eines Moslems aufgrund seiner Religion, obwohl er für die Stelle qualifiziert ist.

Indirekte Diskriminierung liegt vor, wenn eine dem Anschein nach neutrale Regel, Vorschrift oder Praxis eine Person oder Gruppe tatsächlich benachteiligt. Ein Beispiel für indirekte Diskriminierung ist die Vorschrift, dass alle Verkäuferinnen in einem Geschäft ihr Haar offen tragen müssen, wodurch alle Frauen mit Hijab benachteiligt werden.

Zur indirekten Diskriminierung gehört auch die strukturelle Diskriminierung. Das heißt, wenn die Ungleichbehandlung in der Organisation begründet ist, zum Beispiel wenn patriarchale, religiöse oder homophobe Konventionen, Bräuche oder Traditionen dazu führen, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen benachteiligt wird und dies als „normal“ angesehen wird.

Diskriminierende Situationen können in verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens auftreten: in der Schule, am Arbeitsplatz, im öffentlichen Leben usw. und können von einer Einzelperson, einer Gruppe oder einer Institution ausgeübt werden.

Nach den EU-Bestimmungen sind das die sechs geschützten Diskriminierungsmerkmale, die in Artikel 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union aufgeführt sind:
  • Geschlecht
  • Herkunft;
  • Religion oder Glaube;
  • Behinderung;
  • Alter;
  • Sexuelle Orientierung.
Darüber hinaus gibt es noch viele andere Faktoren, aufgrund derer Menschen diskriminiert werden. Auf nationaler Ebene haben einige Staaten Listen verabschiedet, die weitere geschützte Gründe enthalten, aber die Antidiskriminierungsgesetze in Europa schließen immer noch eine große Anzahl von Menschen vom Schutz aus.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Zahl der Diskriminierungsfaktoren potenziell unbegrenzt ist, könnten weitere Gründe hinzukommen:
  • sozio-ökonomisch;
  • Gesundheitszustand (dieser sollte als eigenständiger Grund anerkannt werden, da der Grund „Behinderung“ nicht alle Fälle von gesundheitlichen Problemen abdeckt, aufgrund derer es zu Diskriminierungen kommen kann);
  • Geschlechtsidentität;
  • Geschlechtsausdruck;
  • Geschlechtsmerkmale;
  • Sprache;
  • körperliche Merkmale, somatische Merkmale, Größe, Gewicht;
  • Bildung.
Die Ermittlung zusätzlicher Diskriminierungsfaktoren ist eng mit der Frage der zusätzlichen/kumulativen und intersektionalen Diskriminierung verbunden. Erstere tritt auf, wenn Diskriminierung aus mehreren Gründen erfolgt, die gleichzeitig, aber getrennt voneinander wirken. Im Gegensatz dazu entsteht intersektionale Diskriminierung, wenn die Gründe aufgrund der Wechselwirkung zwischen ihnen nicht getrennt werden können.

Um alle Formen von Diskriminierung zu bekämpfen, müssen diskriminierende Situationen umfassend betrachtet werden. Laut einem Bericht vom Europäischen Netzwerk der Gleichbehandlungsstellen (Equinet), in dem 47 Organisationen aus ganz Europa zusammengeschlossen sind, sollte das EU-Recht zusätzliche/kumulative Diskriminierung sowie intersektionale Diskriminierung ausdrücklich verbieten. Die meisten der für den Bericht befragten Stellen sind jedoch der Ansicht, dass angesichts des Einstimmigkeitserfordernisses auf EU-Ebene additive/kumulative und intersektionale Diskriminierung auch auf nationaler Ebene ausdrücklich anerkannt werden sollte, wo dies noch nicht der Fall ist.


HETEROGENITÄT UND INTERSEKTIONALITÄT IN DER BILDUNG
In der heutigen vielfältigen Bildungslandschaft ist das Intersektionalitäts-Konzept entscheidend für die Schaffung eines inklusiven und gerechten Lernumfelds. Intersektionalität bezieht sich auf die Art und Weise, wie verschiedene Aspekte der Identität einer Person - wie Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Klasse und Fähigkeiten - sich überschneiden und zusammenwirken, und so ihre Erfahrungen und Möglichkeiten bestimmen. Diese Überschneidungen können zu einzigartigen Formen von Diskriminierung und Privilegien führen, die sich darauf auswirken, wie der Einzelne sich in der Welt zurechtfindet. Dazu gehören auch Bildungserfahrungen.

Dieser Abschnitt soll Ihnen das notwendige Wissen und Handwerkszeug vermitteln, um die verschiedenen Identitäten zu erkennen und ein Lernumfeld für alle zu schaffen.

Identitäten im Unterricht erkennen
Die Anerkennung der verschiedenen Identitäten in Ihrem Klassenzimmer ist der erste Schritt zur Schaffung einer inklusiven und unterstützenden Lernumgebung. Alle Lernenden bringen einzigartige Erfahrungen, Hintergründe und Perspektiven mit, die von verschiedenen Aspekten ihrer Identität geprägt sind, wie z. B. Geschlecht, sexuelle Orientierung, Herkunft, sozioökonomischer Status und mehr. Diese Identitäten zu verstehen, erfordert Sensibilität, Bewusstsein und die Bereitschaft zu ständigem Lernen.

Schritte zur Erkennung von Identitäten:
  • Erfahren Sie mehr über Ihre Lernenden: Verwenden Sie am Anfang Umfragen und Fragebögen, um mehr über den Hintergrund, die Interessen und die Lernpräferenzen der Lernenden zu erfahren.
  • Fördern Sie ein offenes und respektvolles Umfeld: Fördern Sie einen offenen Dialog im Unterricht, bei dem sich die Lernenden sicher fühlen, wenn sie ihre Perspektiven und Erfahrungen mitteilen. Legen Sie Grundregeln fest, die Respekt, Vertrauen, Empathie und Inklusion fördern.
  • Aktives Beobachten und Zuhören: Achten Sie genau darauf, wie sich Ihre Lernenden ausdrücken, sowohl verbal als auch nonverbal. Achten Sie auf die Sprache, die sie verwenden, auf die Themen, die sie besprechen, und auf alle Hinweise, die auf ihre Identität oder die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, hindeuten könnten. Achten Sie auf Dynamiken und Interaktionen, die darauf hindeuten könnten, wie die Lernenden ihre eigene Identität und die der anderen wahrnehmen.
  • Individuell auf die Lernenden eingehen: Nehmen Sie sich die Zeit, mit den Lernenden Einzelgespräche zu führen. Dies kann ein effektiver Weg sein, um ihre einzigartige Identität und ihre Bedürfnisse zu verstehen, da einige Lernende sich nicht wohl dabei fühlen, sich in einem Gruppenrahmen auszutauschen.
Indem Sie die unterschiedlichen Identitäten in Ihrer Klasse kennen, können Sie Ihre Unterrichtsstrategien anpassen, geeignete Materialien auswählen und eine Lernumgebung schaffen, in der sich alle Lernenden wertgeschätzt und respektiert fühlen.

Aufgabe: Reflexion über die Identitäten im Unterricht

Ziel: Ein tieferes Verständnis für die verschiedenen Identitäten in Ihrem Unterricht zu entwickeln und wie diese die Lernprozesse beeinflussen. Diese Aufgabe hilft Ihnen, sich der verschiedenen Identitäten in Ihrem Unterricht bewusster zu werden und ein inklusiveres Lernumfeld zu schaffen.

1. Aktivität zur Identitätszuordnung:
  • Erstellen Sie eine „Identitätskarte“ für Ihren Unterricht. Zeichnen Sie zunächst einen Kreis in die Mitte einer Seite und schreiben Sie „Klassenzimmer-Identitäten“ hinein. Zeichnen Sie dann Linien, die strahlenförmig von der Mitte ausgehen und verschiedene Aspekte der Identität darstellen (z. B. Geschlecht, Herkunft, sexuelle Orientierung, sozioökonomischer Status, Sprache, Religion usw.).
  • Denken Sie über Ihre Beobachtungen und Interaktionen mit den Lernenden nach. Schreiben Sie für jeden Aspekt der Identität die verschiedenen Identitäten auf, die Ihnen aufgefallen sind oder Ihnen mitgeteilt wurden. Fügen Sie alle relevanten Details oder Notizen darüber ein, wie sich diese Identitäten überschneiden und gegenseitig beeinflussen könnten.
2. Tagebucheintrag zum Nachdenken:
  • Schreiben Sie nach Fertigstellung Ihrer Identitätskarte einen kurzen Tagebucheintrag, in dem Sie über das Gelernte nachdenken. Denken Sie dabei an die folgenden Fragen:
    • Welche Identitäten sind in Ihrem Unterricht am sichtbarsten? Welche sind weniger sichtbar?
    • Wie unterstützen Sie derzeit diese unterschiedlichen Identitäten in Ihrer Unterrichtspraxis?
    • Welche zusätzlichen Schritte könnten Sie unternehmen, um sicherzustellen, dass alle Identitäten in Ihrem Unterricht anerkannt und wertgeschätzt werden?
3. Handlungsplan:
  • Skizzieren Sie auf der Grundlage Ihrer Überlegungen ein oder zwei konkrete Maßnahmen, die Sie in den kommenden Wochen ergreifen können, um die unterschiedlichen Identitäten in Ihrer Klasse besser anzuerkennen und zu unterstützen. Bereiten Sie sich darauf vor, Ihre Überlegungen und Ihren Aktionsplan in einer Folgediskussion oder einem Forum vorzustellen.

  • Intersektionalität im Unterricht
    Alle können von Intersektionalität betroffen sein, aber sie hat besonders große Auswirkungen auf diejenigen, die mehreren marginalisierten Gruppen angehören. Zum Beispiel können LGBTQIA+, die auch of Color oder eingeschränkt sind, im Unterricht mit zusätzlichen Herausforderungen konfrontiert sein: von Mikroaggressionen und Stereotypisierung bis hin zu offeneren Formen der Diskriminierung, die ihren akademischen Erfolg und ihr Zugehörigkeitsgefühl beeinträchtigen können.

    Im Unterricht kann sich Intersektionalität bei Lernenden mit einer marginalisierten Identität auf verschiedene Weise manifestieren:
    1. Ungleiche Beteiligung: Lernende, die einer intersektionalen marginalisierten Identität angehören, fühlen sich möglicherweise weniger sicher, wenn sie sich beteiligen oder ihre Ansichten mitteilen, weil sie Angst haben, diskriminiert oder missverstanden zu werden.

    2. Zugang zu Ressourcen: Entsprechende Lernende haben möglicherweise ungleichen Zugang zu Bildungsressourcen oder Förderungen.

    3. Unterschiedliche Behandlung: Lehrkräfte und Mitschüler*innen können Lernende aufgrund der Kombination ihrer Identitäten unbewusst anders behandeln und dadurch Stereotypen oder Vorurteile verstärken.

    4. Darstellung des Lehrplans: Bildungsmaterialien und Lehrpläne spiegeln möglicherweise nicht die vielfältigen Erfahrungen und Identitäten aller wider, was zu einem Gefühl der Ausgrenzung führt.

Vielfalt im Unterricht fördern

Bei der Förderung von Vielfalt geht es um mehr als nur um die Anerkennung der unterschiedlichen Identitäten Ihrer Lernenden; es geht darum, aktiv ein Umfeld zu schaffen, in dem sich alle Lernenden vertreten, respektiert und wertgeschätzt fühlen. Eine der wirksamsten Methoden zur Förderung der Vielfalt ist die sorgfältige Auswahl von Unterrichtsmaterialien und die Anwendung von integrativen Lehrmethoden. Auf diese Weise können Sie sicherstellen, dass sich jeder Lernende im Lehrplan wiederfindet und sich voll und ganz auf seine Lernerfahrung einlassen kann.

Schritte zur Förderung von Vielfalt:

1. Lehrplangestaltung:
  • Interdisziplinärer Ansatz: Integrieren Sie die Themen Vielfalt und Inklusion fächerübergreifend, nicht nur in Sozialkunde oder Literatur.
  • Inklusiver Lehrplan: Integrieren Sie LGBTQIA+ Perspektiven in Ihren Lehrplan. Dazu können Beispiele, Fallstudien oder Diskussionen gehören, die die Vielfalt der sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten widerspiegeln.
  • Projektbasiertes Lernen: Fördern Sie Projekte, in denen die Lernenden ihre eigenen kulturellen Hintergründe und Interessen erforschen und präsentieren können.

  • 2. Safe Space:
  • Fördern Sie ein Klassenklima, in dem sich die Lernenden sicher fühlen, ihre Identität und ihre Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen. Legen Sie dazu Standards für Respekt und Verständnis im Unterricht fest.
  • Legen Sie klare Antidiskriminierungsrichtlinien fest und setzen Sie diese durch. Gehen Sie proaktiv gegen Mobbing oder Belästigung in Ihrem Unterricht vor.

  • 3. Repräsentation:
  • Stellen Sie sicher, dass sich alle Lernenden im Unterricht, in den Lehrplänen und in den Unterrichtsmaterialien wiederfinden..

  • 4. Aktivitäten im Unterricht:
  • Gruppenarbeit: Gestalten Sie Gruppenarbeiten, die die Zusammenarbeit von Lernenden mit unterschiedlichem Hintergrund erfordern.
  • Rollenspiele und Planspiele: Verwenden Sie Rollenspiele, damit Lernende verschiedene Perspektiven verstehen und Verständnis entwickeln.
  • Kulturelle Feiern: Feiern Sie kulturelle Feiertage und Ereignisse aus verschiedenen Traditionen im Unterricht.
  • Möglichkeiten zur Selbstdarstellung: Integrieren Sie Aktivitäten, in denen die Lernenden ihre Identität und Erfahrungen mitteilen können. Dazu könnten reflektierende Schreibaufgaben, Gruppendiskussionen oder kreative Projekte gehören. Solche Aktivitäten helfen nicht nur, die Lernenden besser zu verstehen, sondern geben ihnen auch die Möglichkeit, ihr ganzes Selbst in die Lernumgebung einzubringen.

  • 5. Inklusive Sprache:
  • Verwenden Sie eine Sprache, die alle Identitäten anerkennt und respektiert. Vermeiden Sie Annahmen über Geschlecht, sexuelle Orientierung oder kulturellen Hintergrund. Verwenden Sie z. B. geschlechtsneutrale Begriffe wie nur das Nennen des Namens, bis Lernende ihre bevorzugten Pronomen angeben. Respektieren Sie die Pronomen und Identitäten aller Lernenden.

  • 6. Inklusives Lehrmaterial:
  • Vielfältige Autoren und Sichtweisen: Wählen Sie Quellen aus, die eine Vielzahl von Kulturen, Geschlechtern und Sichtweisen repräsentieren.
  • Multimedia- Quellen: Nutzen Sie Videos, Musik und Kunst aus verschiedenen Kulturen, um herkömmliche Texte zu ergänzen.
  • Zeitgemäß und sachbezogen: Wählen Sie Materialien aus, die aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreifen und die Vielfalt der modernen Welt widerspiegeln.

Schritte zur Förderung der Vielfalt mit Lehrmaterialien:


    1. Vielfältige und inklusive Inhalte wählen:
  • Wählen Sie Lehrbücher, Lesestoff und andere Unterrichtsmaterialien, die ein breites Spektrum an Perspektiven und Erfahrungen abdecken. Achten Sie auf Inhalte, die Stimmen von verschiedenen Geschlechtern, Bevölkerungsgruppen, Kulturen, sexuellen Orientierungen und sozioökonomischen Hintergründen enthalten.
  • Vermeiden Sie Materialien, die Stereotypen aufrechterhalten oder eine einzige Erzählung präsentieren. Suchen Sie stattdessen nach Quellen, die konventionelle Standpunkte in Frage stellen und kritisches Denken über Vielfalt und Inklusion fördern.

  • 2. Mehrere Perspektiven hervorheben:
  • Bei der Erörterung historischer Ereignisse, wissenschaftlicher Entwicklungen oder kultureller Phänomene sollten die Perspektiven von Randgruppen oder unterrepräsentierten Gruppen einbezogen werden. Dies erweitert nicht nur das Verständnis der Lernenden, sondern bestätigt auch die Erfahrungen derjenigen, die sich sonst ausgeschlossen fühlen könnten.
  • Verwenden Sie Fallstudien und Beispiele, die die Vielfalt der Lernenden widerspiegeln. Dies trägt dazu bei, dass das Material besser mit dem Leben der Lernenden in Verbindung gebracht werden kann und für sie relevant ist.

  • 3. Kulturell angepasste Lehre einbeziehen:
  • Passen Sie Ihre Lehrmethoden an den kulturellen Hintergrund der Lernenden an. Zum Beispiel können Sie kulturell relevante Beispiele verwenden, die eigenen Erfahrungen der Lernenden in die Diskussionen einbeziehen oder die kulturelle Vielfalt durch Gruppenarbeiten würdigen.
  • Achten Sie auf die kulturellen Normen und Werte, die Einfluss auf das Lernen und die Interaktion der Lernenden haben. Einige Lernende kommen zum Beispiel aus einem Bildungsmilieu, in dem der kollektive Erfolg wichtiger ist als die individuelle Leistung.

  • 4. inklusive Sprache nutzen:
  • Achten Sie auf die Sprache, die Sie in Ihren Unterrichtsmaterialien und Diskussionen im Unterricht verwenden. Verwenden Sie geschlechtsneutrale Begriffe, wenn es angebracht ist, und achten Sie darauf, dass Sie keine Annahmen über die Identität der Lernenden aufgrund ihres Aussehens oder Verhaltens treffen.
  • Ermutigen Sie die Lernenden, ihre bevorzugten Namen und Pronomen zu nennen, und bemühen Sie sich, diese konsequent zu verwenden.

  • 5. Lernende in den Auswahlprozess miteinbeziehen:
  • Nehmen Sie Vorschläge zu Unterrichtsthemen auf und beziehen Sie die Lernenden in die Auswahl einiger Unterrichtsmaterialien ein. So wird Verantwortung übertragen und der Lehrplan gemäß den Interessen und Erfahrungen der Schüler*innen gestaltet.
  • Führen Sie Umfragen oder Diskussionen durch, um herauszufinden, welche Inhalte oder Perspektiven die Lernenden im Lehrplan vermissen.

  • 6. Regelmäßige Evaluierung und Aktualisierung von Materialien:
  • Überprüfen Sie Ihr Lehrmaterial regelmäßig, um sicherzustellen, dass es stets aktuell und inklusiv ist. Integrieren Sie neue Quellen in Ihren Lehrplan.
  • Seien Sie offen für Feedback der Lernenden zur inklusiven Gestaltung Ihrer Materialien und gewillt auch entsprechende Änderungen vorzunehmen.
Eine durchdachte Auswahl und Bereitstellung vielfältiger Unterrichtsmaterialien schafft ein inklusives Lernumfeld. Dieser Ansatz fördert das Gefühl der Zugehörigkeit und ermutigt alle Lernenden, sich voll und ganz zu beteiligen.




INTERSEKTIONALITÄT IN DIE LEHRTÄTIGKEIT EINBAUEN
Sie haben nun wertvolle Einblicke gewonnen, wie Sie die vielfältigen Identitäten in Ihrem Klassenzimmer erkennen und wertschätzen können. Bleiben Sie informiert und bilden Sie sich kontinuierlich zu Intersektionalität weiter. Ein tiefgehendes Verständnis der einzigartigen Herausforderungen, mit denen Lernende mit intersektionalen Identitäten konfrontiert sind, ist der erste Schritt, um sie wirksam zu unterstützen. Fördern Sie Vielfalt gezielt durch eine durchdachte Auswahl an Lehrmaterialien und inklusive Praktiken – so leisten Sie einen wichtigen Beitrag zu einer diversitätsbewussten und inklusiven Lernumgebung. Reflektieren Sie regelmäßig Ihre Lehrmethoden und bleiben Sie offen für Feedback. Überlegen Sie, inwiefern Ihre eigenen Identitäten und unbewussten Vorannahmen Ihre Interaktionen mit den Lernenden beeinflussen könnten, und seien Sie bereit, Ihren Ansatz anzupassen, um ihren Bedürfnissen bestmöglich gerecht zu werden.

Doch Vielfalt zu verstehen und anzuerkennen ist erst der Anfang. Der nächste Schritt besteht darin, diese Prinzipien aktiv in Ihren Unterricht zu integrieren. So erkennen Sie nicht nur die einzigartigen Herausforderungen und Chancen intersektionaler Identitäten, sondern können auch gezielt darauf eingehen – und damit zu einer inklusiveren und gerechteren Bildungserfahrung für alle beitragen.br>
BEWERTUNG UND AUSWAHL VON LEHRMATERIAL

Schulbücher und Unterrichtsmaterialien vermitteln und verstärken oft die in der Gesellschaft vorherrschenden Stereotypen. Dies geschieht meist mit kleinen unbewussten Handlungen, die nicht aus einem normativen Willen heraus entstehen. Zum Beispiel, wenn in Matheaufgaben eine Frau die Menge der Zutaten für einen Kuchen berechnen muss, wenn das Lehrbuch für Finanzbildung zeigt, dass nur heterosexuelle Paare zur Bank gehen, wenn der Kunstgeschichtskurs sich nur auf "weiße" Künstler konzentriert.

So sehen sich einige Lernende nicht im Lehrplan abgebildet und fühlen sich nicht anerkannt.

Deshalb ist es wichtig, Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien kritisch zu bewerten und solche auszuwählen, die eine größere Vielfalt an Perspektiven einbeziehen. Bei der Auswahl kann dieses Schema helfen:
  1. Menschen mit unterdrückten Identitäten müssen vertreten sein.
  2. Menschen mit unterdrückten Identitäten dürfen nicht klischeehaft dargestellt werden.
  3. Eine nicht-klischeehafte Darstellung darf nicht dazu führen, Unterdrückung und Privilegien zu verschleiern.
Stellt das Lehrbuch unterdrückte Identitäten dar?
YES

↓

NO

↓

Stellt es sie klischeehaft dar?
YES

↓

NO

↓

Versteckt es unabsichtlich die Auswirkungen von Unterdrückung?
YES

↓

NO

↓


Der dritte Punkt verdient besondere Beachtung. Eine nicht-stereotype Darstellung birgt die Gefahr, einige soziale Probleme zu verbergen. Wenn wir z. B. alle People of Color als reich darstellen, zeigen wir eine Welt, in der es keine systematische Diskriminierung derjenigen gibt, die nicht „weiß“ sind. Es können dadurch auch Meinungen verstärkt werden. Wenn wir zum Beispiel schwule Männer ausschließlich als sehr „männlich“ darstellen, vermitteln wir implizit die Botschaft, dass Feminität bei Männern unerwünscht oder zu vermeiden sei.

Aus diesem Grund ist es wichtig, Menschen in ihrer Vielfalt darzustellen und, wenn möglich, Fragen der Privilegien und der Unterdrückung ausdrücklich anzusprechen.

1. SCHRITT: Prüfung von Lehrmaterial
Prüfen Sie Lehrbücher, Artikel, Videos und anderen Quellen, die Sie derzeit in Ihrem Unterricht verwenden, und stellen Sie sich die folgenden Fragen:
  • Wessen Stimmen und Perspektiven sind in diesem Material vertreten?
  • Gibt es Gruppen, die unterrepräsentiert sind oder ganz fehlen?
  • Fordert dieses Material Stereotypen heraus oder verstärkt es sie? Wie passt das Material zu den verschiedenen Identitäten der Lernenden?


2. SCHRITT: Reflexion und Identifikation
Schreiben Sie eine kurze Reflexion (ca. 300 Wörter) über Ihre Erkenntnisse aus der Prüfung und beantworten Sie dabei die folgenden Fragen:
  • Repräsentiert dieses Material die Vielfalt der Lernenden angemessen? Welche Arten von Vielfalt sind nicht vertreten?
  • Welche Auswirkungen kann dieses Material auf die Lernerfahrungen und das Zugehörigkeitsgefühl der Lernenden haben?
  • Was sind allgemein Stärken und Schwächen in Bezug auf die hier analysierten Bedürfnisse?


3. SCHRITT: Handlungsplan
Erstellen Sie auf Grundlage Ihrer Überlegungen einen Handlungsplan, um Ihr Unterrichtsmaterial zu diversifizieren und eine breitere und genauere Darstellung aller Identitäten zu geben.
  • Wenn Ihr Lehrbuch erhebliche Lücken aufweist, wählen Sie ein neues Lehrbuch, das auf alle Formen der Vielfalt eingeht.
  • Wenn es in Ihrem Fachbereich keine entsprechenden Lehrbücher gibt, suchen Sie nach neuen Lehrmaterialien (Bücher, Artikel, Videos usw.), die es Ihnen ermöglichen, andere Stimmen und Perspektiven zu integrieren. In Kursen, in denen wir normalerweise mit „Figuren“ arbeiten (Literatur, kreatives Schreiben, Psychologie, Sozialarbeit, Sprachen usw.), können wir Romane und Kurzgeschichten (vorzugsweise autobiografische) über Menschen vorschlagen, die zu einer oder mehreren unterdrückten Communities gehören.
  • Entwerfen Sie eine neue Lehrstrategie oder Übung im Unterricht, um die Inklusion zu fördern und die Lernenden mit unterschiedlichen Sichtweisen zu konfrontieren. Zum Beispiel können wir in Kursen, in denen wir normalerweise nicht mit „Figuren“ arbeiten (Mechanik, Konditorei, Elektronik, Gartenarbeit usw.), Rollenspiele einführen, in denen wir mit diversen Kolleg*innen oder Kundschaft interagieren müssen. Diese Rollenspiele sind wichtig, um das Bewusstsein für die Problematik der Intersektionalität zu schärfen und die beruflichen Fähigkeiten der Lernenden zu entwickeln.


4. SCHRITT: Umsetzung und Überprüfung
Nachdem Sie die neuen Materialien und Strategien in Ihrer Klasse eingeführt haben, holen Sie Feedback von Ihren Lernenden ein. Fragen Sie, wie sich diese Veränderungen auf ihr Lernen und ihr Gefühl der Inklusion ausgewirkt haben. Denken Sie über diese Rückmeldungen nach und überlegen Sie sich weitere Anpassungen zur Inklusion und Diversität.

IDENTITÄTEN DEKONSTRUIEREN

Eines der größten Risiken bei Fragen zu Identitätsmerkmalen (von der Herkunft bis zur sexuellen Orientierung, von der Geschlechtsidentität bis zur Religion) besteht darin, dass nur die Aspekte betont werden, die diese Identität von anderen unterscheiden. Einerseits riskieren wir, das Gefühl der Entfremdung und Distanz bei denjenigen zu verstärken, die dieses Identitätsmerkmal nicht teilen, und andererseits riskieren wir, das Bild von Minderheiten auf einige wenige Merkmale zu reduzieren (und dann ist es leicht, Stereotypen und Vorurteile auf diesen Merkmalen aufzubauen).

Stattdessen sollten wir uns an uns selbst erinnern und unsere Lernenden an drei wesentliche Punkte erinnern:
  • Es gibt viele Merkmale, die uns voneinander unterscheiden, aber es gibt mindestens ebenso viele Merkmale, die wir teilen und die uns ähnlich machen;
  • keine Gruppe ist einheitlich, denn innerhalb jeder Gruppe gibt es immer große Unterschiede;
  • In jeder Person können wir die Verflechtung verschiedener Identitäten feststellen, aber keine Person ist die bloße Vereinigung einer Reihe von Identitäten: aus einer Vielzahl von Gründen, einschließlich der persönlichen Wahl, kann jede Person Eigenschaften haben, die sich von denen unterscheiden, die in den Gruppen vorherrschen, mit denen sie sich identifiziert.

Die intersektionale Sichtweise ist wesentlich für das Verständnis und die Vermittlung dieser Botschaften, weil sie die vielschichtige Komplexität von Identitäten unmittelbar aufzeigt.

Aus diesem Grund ist es wichtig, bei Initiativen, die einer bestimmten Identitätsgruppe gewidmet sind (z. B. wenn wir am 27. Januar der Opfer des Holocausts gedenken oder wenn wir während des Pride Month die LGBTQIA+-Identitäten feiern), einige intersektionale Ideen einzubringen.

Berücksichtigen Sie den intersektionalen Aspekt bei der Auswahl der Filme, die auf einem Kurzfilmfestival gezeigt werden sollen, wenn Sie Gäste zu einer Debatte einladen, wenn Sie eine Ausstellung organisieren, wenn Sie einen künstlerischen Workshop vorschlagen usw.

GRUPPENARBEIT
Gruppenarbeit unter Gleichaltrigen ist oft der beste Weg, um an Intersektionalität zu arbeiten. Wenn wir in einer Gruppe arbeiten, müssen wir alle anderen Menschen und die verschiedenen Fähigkeiten und das Wissen, das jede Person in die Gruppe einbringen kann, in Betracht ziehen. Wenn wir gut in einer Gruppe arbeiten, lernen wir uns besser und jenseits von Stereotypen kennen, und wir erkennen die vielen Facetten unserer Persönlichkeiten.

Nach jeder Gruppenarbeit können Sie die Lernenden auffordern, über ihre Vielfalt und den Beitrag, den jeder von ihnen zur gemeinsamen Arbeit geleistet hat, nachzudenken. Sie können sie auch bitten, Hypothesen darüber aufzustellen, woher ihre unterschiedlichen Fähigkeiten und Kenntnisse kommen.

Sie können auch eine Gruppenarbeit einrichten, die sich explizit auf menschliche Vielfalt und Intersektionalität konzentriert. Wenn sie zum Beispiel ein Projekt entwickeln (von der Vorstellung, ein Hotel zu eröffnen, bis hin zur Erstellung eines Kursblogs), können Sie ein sehr vielfältiges Publikum für die Bedarfs- und Nutzenanalyse berücksichtigen. Ist unser Hotel zum Beispiel bereit, eine ältere Person aufzunehmen? Und eine ältere nicht-binäre Person? Und sind die Icons in unserem Blog für eine farbenblinde Person zugänglich? Und für eine farbenblinde Person, die nicht in der in unserem Land vorherrschenden Kultur aufgewachsen ist? Bei einer Arbeit dieser Art ist die Gruppenarbeit natürlich ideal, um die Vielfalt der Fragen und die Komplexität der Antworten herauszuarbeiten.

Hier finden Sie nun einige Vorschläge für Gruppenarbeiten zum Thema Intersektionalität.

DAS SPIEL MIT VORURTEILEN
Diese Aktivität zielt darauf ab, Stereotypen und Vorurteile zu erkennen und über deren Absurdität nachzudenken.

Um die Aktivität vorzubereiten, benötigen Sie:
  • leere Blätter (einseitig bedruckte und zu recycelnde Blätter sind in Ordnung) und Bleistifte, Kugelschreiber oder Marker.
Erklären Sie zunächst, dass Sie eine Übung zum Thema Vorurteile vorschlagen und dass es einfach darum geht, über dieses Thema nachzudenken. Erläutern Sie, dass Sie sich mit Identität beschäftigen werden, wobei Sie darauf achten werden, niemanden in seinen Gefühlen zu verletzen. Bitten Sie daher die Lernenden anonym auf ein Blatt Papier zu schreiben, über welche Aspekte der Identität sie nicht sprechen möchten.

Nachdem Sie die anonymen Zettel gelesen haben, schreiben Sie oben auf mehrere Blätter ein Substantiv oder Adjektiv, das einige Identitäten beschreibt, die oft Opfer von Vorurteilen sind (z. B. „Araber“, „Lesbe“ oder „Zeuge Jehovas“). Lassen Sie dabei die Identitäten, die von den Lernenden anonym angegeben wurden, weg.

Teilen Sie die Blätter unter den Gruppen auf und bitten Sie sie, die Stereotypen aufzuschreiben, die die auf den Blättern angegebenen Identitäten betreffen. Nach 15 Minuten bitten Sie die Gruppen, ihre Arbeit zu vergleichen. Gibt es ähnliche Stereotypen, die verschiedene Gruppen betreffen? Gibt es entgegengesetzte Stereotypen, die sich auf Identitäten auswirken, die bei ein und derselben Person vorhanden sein können? Und was geschieht in diesem Fall?

Was ist zum Beispiel mit dem Stereotyp, dass Asiaten von Natur aus begabt in Mathematik sind und Frauen nicht, wenn wir eine asiatische Frau in Betracht ziehen? Und wenn wir eine afrikanische asexuelle Person in Betracht ziehen, was passiert dann mit dem Stereotyp, demzufolge Afrikaner alle scharf auf Sex sind?

Bitten Sie die Lernenden abschließend, online nach Beispielen von Menschen zu suchen, die Identitäten mit entgegengesetzten Stereotypen verkörpern. Wer sind sie? Wie verhalten sie sich? Später stellen die Gruppen diese Personen dem Rest der Klasse vor.

EINE IDENTITÄT SCHAFFEN
Diese Übung hat das Ziel, über intersektionale Identitäten nachzudenken und wie sich die Erfahrungen von Menschen verändern, wenn sie mit verschiedenen Formen von Unterdrückung konfrontiert sind. Um sich auf die Aktivität vorzubereiten, brauchen Sie Folgendes:
  • 2-6 Würfel mit sechs Zahlen.
Teilen Sie die Klasse in 3 möglichst diverse Gruppen ein.

Bitten Sie jede Gruppe, eine gegebene Situation realistisch zu dramatisieren, die möglicherweise mit dem Thema Ihres Kurses zusammenhängt (z.B. können Sie sie in einem Gesundheitskurs bitten, sich die Beziehung zu einem Patienten vorzustellen; in einem Finanzkurs können Sie sie bitten, sich die Ankunft einer Person vorzustellen, die eine Hypothek beantragen möchte, usw...). Erklären Sie, dass in der Dramatisierung jeder eine andere Rolle frei spielen kann, aber ein Lernender die Rolle einer Person mit einer Reihe von Eigenschaften spielen muss, die später verlost wird.

Die Gruppen würfeln zweimal und wählen dabei zufällig die Merkmale A und B aus, die in der unten stehenden Tabelle angegeben sind. Anschließend hat jede Gruppe 5 Minuten Zeit, um die Szene vorzubereiten. Schließlich spielt jede Gruppe die Szene vor der restlichen Klasse vor.

Anschließend fügt jede Gruppe mit einem neuen Würfelwurf ein drittes Merkmal (Merkmal C) zu ihrer Figur hinzu. Jede Gruppe hat weitere 5 Minuten Zeit, um zu verstehen, ob und was sich durch die Veränderung der Identität der Figur ändert. Am Ende spielt jede Gruppe die Szene noch einmal vor allen anderen.

Verfahren Sie in gleicher Weise mit Merkmal D, E und/oder F (wählen Sie die Dauer der Aktivität auch unter Berücksichtigung der Beteiligung der Lernenden).

Bitten Sie die Lernenden am Ende, die Aktivität zu kommentieren: Haben sie sich immer auf die gleiche Weise verhalten? Wurden die Veränderungen durch größere Aufmerksamkeit für die andere Person oder durch Vorurteile bestimmt? Welche Überlegungen ergeben sich daraus? Was sind die Auswirkungen auf ihr tägliches Leben und ihr Berufsleben?

Die Person sieht aus wie eine Frau
Merkmal A Die Person sieht aus wie ein Mann Das Geschlecht der Person ist unklar
Merkmal B Die Person hat eine dunkle Hautfarbe Die Person hat eine helle Hautfarbe Die Person hat eine olivfarbene Hautfarbe
Merkmal C Die Kleidung der Person ist typisch weiblich Die Kleidung der Person ist typisch männlich Die Kleidung der Person ist unisex
Merkmal D Die Person ist 20 Jahre alt Die Person ist 50 Jahre alt Die Person ist 80 Jahre alt
Merkmal E Die Person hat eine durchschnittliche Statur Die Person hat einen sehr robusten Körperbau Die Person bewegt sich in einem Rollstuhl
Merkmal F Die Person spricht nicht die Landessprache Die Person spricht die Landessprache Die Person spricht die Landessprache mit einem starken ausländischen Akzent



2. FAZIT
Intersektionalität ist ein wirkungsvolles Instrument, mit dem wir Diskriminierung verstehen und bekämpfen können. Sie berücksichtigt, dass sich unsere Identitäten - wie Herkunft, Geschlecht, Sexualität, Behinderung, Religion und Klasse (sozioökonomischer Status) - überschneiden und interagieren und unsere Erfahrungen und Schwachstellen prägen. Das beschriebene Szenario, in dem ein junger Schwarzer aufgrund mehrerer Faktoren (Geschlecht, Alter und Hautfarbe) zu Unrecht von der Polizei verfolgt wird, ist ein Beispiel für intersektionale Diskriminierung.

In diesem Modul haben Sie Intersektionalität sowohl praktisch als auch theoretisch kennengelernt. Sie haben Einblicke in Diskriminierungsformen und ihre Manifestationen gewonnen. Außerdem haben Sie etwas über die Zusammenhänge zwischen Intersektionalität und Bildung sowie über Strategien zur Förderung von Vielfalt im Unterricht gelernt.

Denken Sie auf Ihrem weiteren Weg daran, dass Intersektionalität nicht nur ein Konzept ist, sondern ein Instrument zur Schaffung inklusiverer Räume. Indem wir die sich überschneidenden Formen der Diskriminierung erkennen und angehen, können wir auf eine gerechtere Gesellschaft hinarbeiten.



3. CHECKLISTE ZUR ÜBERPRÜFUNG DER LERNINHALTE
Prüfen Sie bitte nach dem Modul, ob Ihnen alle Lernpunkte auf der Checkliste bekannt vorkommen und gehen Sie dann zu den abschließenden Fragen zur Selbstreflexion über.
  • Konzept der Intersektionalität
  • Geschichtlicher und theoretischer Hintergrund des Begriffs
  • Merkmale, aufgrund derer Menschen diskriminiert werden
  • Erkennen von Mehrfachdiskriminierung
  • Wie Intersektionalität mit Bildung zusammenhängt
  • Intersektionaler Ansatz in der Lehrtätigkeit



4. FRAGEN ZUR SELBSTREFLEXION
Die eigenen Identitäten verstehen:
Denken Sie über Ihre eigenen sich überschneidenden Identitäten nach. Wie prägen sie Ihre Erfahrungen und Perspektiven? Berücksichtigen Sie dabei Aspekte wie Herkunft, Geschlecht, Sexualität, Behinderung und sozioökonomischen Hintergrund.

Vorurteile und Stereotypen erkennen:
Untersuchen Sie alle Vorurteile oder Stereotypen, die Sie möglicherweise haben. Wie wirken sie sich auf Ihre Interaktionen mit anderen aus? Gibt es Annahmen, die Sie hinterfragen müssen?

Zuhören und lernen:
Suchen Sie aktiv nach unterschiedlichen Stimmen und Perspektiven. Wie können Sie von Menschen mit anderen Lebenserfahrungen lernen? Welche Schritte können Sie unternehmen, um Ihr Verständnis zu erweitern?

Überzeugungsarbeit und Verbündete/Allies:
Überlegen Sie, wie Sie ein Ally für marginalisierte Communities sein können. Welche Maßnahmen können Sie ergreifen, um deren Stimmen zu unterstützen und zu verstärken? Wie können Sie sich für Gleichberechtigung und Gerechtigkeit einsetzen?

Inklusive Orte schaffen:
Denken Sie über die Räume nach, in denen Sie sich bewegen - sei es am Arbeitsplatz, in sozialen Kreisen oder im Internet. Wie können Sie dazu beitragen, sie inklusiver zu gestalten? Für welche Veränderungen können Sie sich einsetzen?